Wer den Sonntag verliert, verliert auch den Segen des Werktages!

Was die DDR nicht geschafft hat, das versucht jetzt die Profitgier bestimmter Unternehmer durchzusetzen - Die Öffnung der Geschäfte am Sonntag! Von westlichen Handelskonzernen gesteuert, wurde wohlweislich zuerst bei uns im Osten ein Versuch damit gestartet, wohl wissend, dass die hier stärker atheistisch geprägten Menschen eher dafür züi gewinnen sind als z.B. die im streng katholischen Bayern. Die Kaufhäuser meldeten dann auch, dass die neue sonntägliche Einkaufsmöglichkeit von den Kunden begeistert angenommen wurde. Nur von zwei Seiten kamen energische Einwände, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen: von den Gewerkschaften und von den Kirchen! Im Moment sind alle Sonntagsöffnungen durch eine Entscheidung von den obersten Behörden wieder untersagt, weil sie im Widerspruch zum Grundgesetz stehen. Aber niemand soll sich täuschen: die Sache ist noch lange nicht beendet.

Welche Gedanken bewegen uns Christen zu diesem Thema?

Gegen die Abschaffung der Ladenschlusszeiten an Werktagen haben wir nichts vorzubringen. Aber uns erfüllt die berechtigte Sorge, dass mit den Sonntagsöffnungen uns und unserem Land der Sonntag genommen wird. Selbstverständlich gibt es Arbeiten, die am Sonntag getan werden müssen, und wir achten die Menschen hoch, die in solchen notwendigen Bereichen auch sonntags ihren Dienst verrichten. Aber es gehört nicht zu den notwendigen Dingen, dass man Brötchen, Möbel oder Handtaschen unbedingt am Sonntag kaufen muss! Es bringt auch weder Arbeitsplätze noch aufs Ganze gesehen mehr Umsatz, denn die Kunden haben deswegen auch nicht mehr Geld im Portemonnaie. Es ist auch sehr wichtig, daran zu denken, dass wir Menschen auch eine geschützte Zeit brauchen, wo wir füreinander dasein können: Eltern für ihre Kinder, ein Ehepartner für den anderen, andere für ihren Bekanntenkreis. Wer sonntags hinter dem Ladentisch stehen muss, kann das nicht mehr. Ein freier Tag in der Woche, an dem aber der Ehepartner auf Arbeit und die Kinder in die Schule müssen kann nicht diesen Zweck erfüllen. Es ist Einschränkung der

Lebensqualität. Das macht den Sonntag erst zum Sonntag, dass er für möglichst alle ein Feiertag ist! Für uns Christen gibt es aber noch einen wichtigeren Grund: Der wöchentliche Ruhetag ist eine von Gott gegebene Ordnung. Deshalb hat ihn Gott durch das 3. Gebot geschützt: »Du sollst den Feiertag heiligen!« Gott hat diese Ordnung nicht gegeben aus Spaß daran, uns das Arbeiten an diesem Tag zu verbieten, sondern weil sie für uns alle gut und heilsam ist. Die Erfahrung zeigt aber auch: niemand kann sich ungestraft über solche Ordnungen Gottes hinwegsetzen. Es bringt weder einem Geschäftsunternehmen noch einem ganzen Land Segen, wenn sie Gottes Ordnungen abschaffen. Ein altes Sprichwort sagt: »Wer den Sonntag verliert, verliert auch den Segen des Werktages!«

Zum Kirchweihfest haben in der Kirche zum Hl. Kreuz Hunderte Falkensteiner ihre Stimme für den Erhalt des Sonntags gegeben. Das ist sicher eine gute Sache gewesen. Noch wichtiger scheint mir, dass wir Christen selbst den Sonntag konsequent heiligen; wir sollten nicht vergessen, dass Gott uns Christen diesen Tag auch dazu gibt, damit wir den Gottesdienst besuchen können. Sollte die "Sonntagsöffnung" doch noch durchgesetzt werden, dann gilt für uns zweierlei: wir sollten Verständnis haben für jene, die als Verkäufer dann in einer schwierigen Lage sind und ihren Job verlieren würden, wenn sie dagegen aufmucken. Und wir sollten selbst von der Einkaufsmöglichkeit am Sonntag als Christen keinen Gebrauch machen - denn niemand wird schließlich dazu gezwungen! Unser Bundespräsident, Johannes Rau, setzt sich ganz stark dafür ein, dass der Sonntag ein Sonntag bleibt. Zitat von ihm: "Er ist ein Tag der Ruhe, der zeigt, dass wir mehr sind als Konsumenten."

Pfarrer Helfried Gneuß
Falkensteiner Anzeiger, Oktober 1999