Weihnachts-Worte nichts als Worte?

Haben Sie schon mal die Engel singen hören? Ja, sicher, wenn Sie sich beispielsweise mit dem Hammer einen blauen Daumen geschlagen hatten. Aber weihnachtlich zumute wurde Ihnen dabei nicht. Haben Sie schon mal miterlebt, wie jemand aufs Kreuz gelegt worden ist? Vielleicht der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber? Da hatten Sie auch keine weihnachtlichen Gefühle.

Schauen Sie sich das abgedruckte Bild an. Beschleicht Sie da jene weihnachtliche Stimmung, die die Menschheit so liebt? Natürlich nicht. Und trotzdem erzählt das Bild vom Singen der Engel und vom "Aufs-Kreuz-legen" und also von Weihnachten. Nehmen Sie sich ein bisschen Zeit, dann werden Sie alles Entdecken. Eine ziemlich große Menschenmenge ist da beieinander. In ihrer Massigkeit wirken diese Leute beängstigend. Irgendwie könnten die "Dunkelmänner" gefährlich werden. In der Mitte aber ist es hell. Von irgendwoher leuchtet ein Licht in die Runde. Wer in dem Licht steht, ist anders, verhält sich anders als die im Dunkel. Das Licht - und mittendrin ein Kind. Es liegt da, eingewickelt in eine Windel, den Kopf hebend, uns anschauend, die Arme ausbreitend. Von diesem Kind geht der geheimnisvolle Lichtschein aus. Doch nur wenige Menschen werden von Jesus, dem Licht der Welt, erreicht. Weit mehr Menschen bleiben unberührt davon. Das ist eine Tatsache, selbst wenn viele Leute einmal im Jahr nach dem Kinde schauen, ob es denn noch immer in seiner Krippe liegt. Schon dieses eine Mal könnte eine Chance sein. Dieses eine Mal im Licht zu stehen, könnte uns positiv verändern. Schauen Sie: Die Dunkelmänner ballen die Fäuste. Die Linken ebenso wie die Rechten (oh, Pardon!). Sie behalten einander im Auge, immer gewärtig, zurückzuschlagen, bevor die anderen überhaupt ans Zuschlagen denken. Sie sehen die Welt nur schwarz-weiß, halten sich für die Saubermänner und die auf der Gegenseite für die (Dreck-) Schweine. Die auf der Gegenseite ihrerseits halten sich für hochqualifizierte Gärtner, die blühende Landschaften zu zaubern verstehen, während die von der einen Seite das Land nur ruinieren. Diese anderen sind aber nach ihrer Überzeugung die einzig kompetenten Leute im Lande, während die einen sich nur wichtig tun mit dilettantischen Geplänkel.

Sehen Sie noch durch, wer wer und wo wo ist? Schauen Sie: Letzen Endes sind sich alle Dunkelmänner gleich in ihrer Gegnerschaft und Unversöhnlichkeit, in Haß und Feindschaft, bis hin zu Kampf- und Kriegsgelüsten.

Das alles kann und wird nicht so bleiben, wenn man in den Lichtkreis tritt, der von Jesus Christus ausgeht. Da wenden wir uns Jesus Christus zu. Und wir sehen einander in anderem Licht, weil wir uns auch einander zuwenden. Die Fäuste öffnen sich, wir reichen einander die Hände. Das ist nur möglich auf der "Grundlage" der ausgebreiteten Arme des Kindes in der Krippe. Oder ist das gar keine Krippe, kein Stroh? Ist das vielleicht Jesus an den gekreuzten Balken, aufs Kreuz gelegt von uns Weißwäschern und Dunkelmännern? Er ist es. Sich ihm zuwenden, einander zuwenden. Seine Hand fassen, einander die Hände reichen. Versöhnen lassen und miteinander versöhnen. Frieden finden und Frieden schließen. Das macht uns zu Menschen. Das macht Weihnachten aus.

Dann hören wir tatsächlich die Engel singen: "Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden..." Und die Weihnachtsworte bleiben nicht nur Worte.

Frank Jung
Werda
Falkensteiner Anzeiger, Dezember 2000