Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach

Gott spricht:

Das Recht ströme wie Wasser, die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.

Amos 5, 24

Es gibt Menschen, die können stundenlang an einem Bach oder einem Strom sitzen und beobachten. Vor einiger Zeit saßen wir mit einigen Männern unserer Gemeinde bei unserer Männertour in der Sächsischen Schweiz in der Nähe von Königstein an der Elbe und machten Rast. Mir kamen die Bilder wieder ins Gedächtnis bei dem Nachdenken über diesen Bibelvers, der uns für den Monat Juni gegeben ist. Da strömen die Wassermassen so ganz gleichmäßig an einem vorüber. Wo kommen die Wassermassen wohl her und wo ziehen sie hin? Und was geschieht alles an so einem Flussbett? Das Wasser bewegt große Schlepper und kleine Paddelboote zu ihrem Ziel. Durch das Wasser werden die Uferzonen bewässert und belebt durch die unterschiedlichsten Tiere und Pflanzen.

Wie von einem Strom, so spricht Amos im Auftrag Gottes von Recht und Gerechtigkeit unter uns Menschen. Recht und Gerechtigkeit tragen unser Leben, fördern und erhalten es. Gerade die Propheten des Alten Testaments sind es, die immer wieder das Volk Israel anmahnen, Recht und Gerechtigkeit im Umgang miteinander zu praktizieren.

Wir Menschen haben im Normalfall alle ein Gefühl dafür, was recht und gerecht ist, besonders wenn es uns betrifft. Da hab ich von einem Bäcker gelesen, der seine Butter von einem Bauern bezog und der Bauer dafür Brot bekommt. Nun schien es dem Bäcker, als ob die Butterstücke des Bauern, die drei Pfund wiegen sollten, immer leichter würden. Seine Waage gab ihm recht, und er, verklagte seinen Butterlieferanten beim Richter. "Ihre Butterstücke sollen nicht das erforderliche Gewicht haben", sagte der Richter zum Bauern. "Dieses Stück soll drei Pfund wiegen, nicht wahr? Es wiegt aber viel weniger". " Das ist ausgeschlossen Herr Richter", sagte das Bäuerlein, "ich habe es jedenfalls nachgewogen." "Vielleicht stimmen ihre Gewichte nicht", meinte der Richter. "Gewichte?" Das Bäuerlein war erstaunt. "Ich habe keine Gewichte, brauch auch keine." "Aber womit wiegen Sie denn, wenn Sie keine Gewichte haben?" "Das ist ganz einfach, Herr Richter, und auch gerecht. Sehen Sie, ich krieg mein Brot vom Bäcker, so wie er seine Butter von mir. Und so ein Laib Brot wiegt drei Pfund, nicht wahr? Nun - da leg ich auf die eine Seite der Waage meine Butter und auf die andere einen Laib Brot, und dann balancier ich das ans." Sprach's und zog ein Dreipfundbrot des Bäckers hervor. Der Richter wog nach - die Butter war aufs Haar genauso schwer wie das Brot. Der Richter lachte, die Bauer lächelte, der Bäcker tobte. Der Bauer wurde freigesprochen und der Bäcker verurteilt.

Ja, so ist das mit empfundener und gelebter Gerechtigkeit. An einer anderen Stelle der Bibel heißt es "Gerechtigkeit erhöht ein Volk, und die Sünde ist der Leute Verderben." So wie wir im einzelnen und persönlichen miteinander umgehen, so wie ein Volk mit dem Recht und der Gerechtigkeit umgehen, wie sie Gott uns in seinem Wort der Bibel mitgeteilt hat, so wird unser Leben aussehen. Wenn die guten Anordnungen und Gebote Gottes missachtet und oft mit Füßen getreten werden, müssen wir uns nicht wundern, dass es Misswirtschaft und Unfrieden gibt.

Ich wünsche uns für den Monat Juni, dass das Recht und die Gerechtigkeit Gottes uns durchflutet und uns verändert. Im Persönlichen, im Leben in unserer Stadt und Region, in unserem Land. Es könnte uns kaum etwas Besseres passieren.

Pfarrer Volkmar Körner
Falkensteiner Anzeiger, 30.05.2002