Lob des Herrn

Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelobt der Name des Herrn!

Psalm 113, 3

Wenn ich diesen Monatsspruch lese, muss ich an die Geschichte von einem singenden Schuhmacher denken, die man in meiner Kindheit erzählte. Mit großem Fleiß tat er seine Arbeit vom frühen Morgen bis zum späten Abend. Mit seiner kräftigen Stimme sang er dabei so manche frohe Lieder, die durch das geöffnete Werkstattfenster weit zu hören waren. Einem griesgrämigen Nachbarn ging das auf die Nerven. Da er finanziell wohlhabend war, bot er dem Schuhmacher einen beträchtlichen Geldbetrag, wenn dieser sein "lästiges" Singen unterlassen würde. Der Schuhmacher sah den großen Betrag. Wie lange müsste er dafür arbeiten, um seine Familie mit den kleinen Kindern zu ernähren? - Endlich ließ er sich auf dieses Angebot ein. Am nächsten Morgen, während die Vögel froh ihren Schöpfer lobten, blieb es still in seiner Werkstatt. Kein frohes Lied, nur das Hämmern bei seiner Arbeit war zu hören. Einen Tag hielt er es ohne Singen aus. Am nächsten Tag brachte er das Geld seinem Nachbarn zurück, mit der Begründung, dass ihm die Brust zerspringen würde, wenn er nicht wieder singen könnte.

Oft habe ich den Eindruck, dass jene Amsel auf unserem Nachbarhaus, ähnlich empfindet, wie jener Schuhmacher. Ihr abwechslungsreicher Gesang am Morgen und Abend gehört mit zu dem großen, vielfältigen Lob Gottes, welches die Schöpfung ihrem Schöpfer Tag für Tag bringt.

Wir Menschen tun uns oft schwer mit diesem Lob Gottes. Wie oft sagen wir, dass die Umstände unseres Lebens anders sein müssten, dann könnten wir auch Gott loben.

Da muss ich an Paul Gerhardt, den bekannten Liederdichter, denken. Er hat uns 131 Lieder geschenkt. Es sind Lieder, die viel Dank und Gotteslob enthalten. Blicken wir aber in sein Leben hinein, so finden wir viel Not und Leid. Da waren die Wirren des Dreißigjährigen Krieges. Vier seiner Kinder und seine eigene Frau hat er zu Grabe getragen. Als sie starb, hinterließ sie ihm einen sechsjährigen Sohn. Einer seiner Zeitgenossen sagte: "Diese Nöte hätten ihn eher zum Schreien, als zum Singen bringen können." - Was war wohl sein Geheimnis? Woraus schöpfte er die Kraft zum Gotteslob in den tiefen Tälern seines Lebens? In einem seiner Lieder teilt er es uns mit: "Die Sonne, die mir lachet, ist mein Herr Jesus Christ. Das was mich singend machet, ist was im Himmel ist." Dieses tiefe Gegründetsein im Glauben, diese innere Lebensverbindung mit dem Herrn Jesus Christus, war die Quelle für sein Gotteslob. Auch die Wechselfälle des Lebens brachten es nicht zum Verstummen.

Wollen wir uns nicht neu oder auch zum ersten mal ganz bewusst im Glauben diesem Herrn Jesus Christus anvertrauen? Er will auch Licht und Sonne in unser Leben hineinbringen. Wenn er Herr unseres Lebens sein darf, dann wird sich auch unser Mund öffnen, um Gott zu loben. Jeden Tag einige Minuten der Stille über dem Wort Gottes, können dieses Lob fördern. Da kann der Herr zu uns sprechen, von dessen Zuwendung wir leben. Unsere Antwort kann dann nur sein: "Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelobt der Name des Herrn!"

Werner Oberlein
Falkensteiner Anzeiger, 31.07.2003