Gedanken zur Jahreslosung 2007

Liebe Leserinnen und Leser,

"das Leben wächst heimlich im Dunkeln heran", so heißt es in einem Kinderlied, "doch plötzlich wird's sichtbar, wir staunen es an." Dieses Lied greift Erfahrungen aus der Natur auf. Neues Leben keimt zunächst im Verborgenen, aber doch ist es bereits im Entstehen. Lange bevor es unsere Augen sehen, hat das Wachsen und Werden begonnen.

An der Schwelle zum neuen Jahr erinnert uns der biblische Prophet Jesaja an diesen Zusammenhang, den wir doch im Grunde längst kennen. Neues wächst oft erst im Verborgenen. In jedem Jahr geben sich die christlichen Kirchen eine Jahreslosung. Es ist ein Spruch aus der Bibel, der uns durch das Jahr hindurch begleiten soll. In vielen Gemeinden ist es üblich, diesen Spruch in jedem Gottesdienst gemeinsam als Gruß zu sprechen. Im Jahr 2007 stammt die Jahreslosung aus dem Buch Jesaja und lautet:

Siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr's denn nicht?

Jesaja 43, 19a

Dieser Spruch des Propheten will uns dazu einladen, den Dingen auf den Grund zu gehen. Allem, was geschieht, liegt letztlich der Wille Gottes zugrunde. Nichts geschieht, ohne dass er es geschehen lässt. Nun stellt sich mancher vielleicht einen ziemlich willkürlichen Gott vor, der heute so, morgen aber ganz anders entscheidet. Die Bibel lehrt aber, dass der Wille Gottes eine innere Ausrichtung hat, nämlich seine Liebe zu uns Menschen. Weil er ein großes und weites Herz für uns Menschen hat, weil er Gedanken des Friedens gegenüber uns hegt, unternimmt er immer wieder neue Versuche, unserem Leben eine positive Ausrichtung zu geben. Freilich weiß er zugleich, dass nicht alle unsere Wünsche auch zum Guten rühren, und darum ordnet er manches anders, als wir es gern hätten. Und darum lässt er sogar manch inniges Gebet nicht in Erfüllung gehen.

Aber doch waltet auf dem Grunde der Dinge seine Liebe, auch das, was wir nicht verstehen, was uns vielleicht als Niederlage vorkommen mag, ist von seinem liebevollen Plan bestimmt. Es wäre unehrlich zu sagen, dass es für Menschen, die an diesen Gott glauben keine Krisen geben kann. Es wäre unehrlich zu leugnen, dass es Punkte gibt, die wir schlicht nicht verstehen. Aber der Glaube ist wie ein Vogel, der singt, wenn die Nacht noch dunkel ist, so hat es jemand einmal formuliert. Der Glaube sieht tiefer und weiter als die Augen. Er sieht hinter die Sorgen und unter die Prüfsteine und Herausforderungen. Und auf dem Grund sieht er, dass Gott den Weg derer behütet, die auf ihn vertrauen. Er sieht, dass Gott neues Leben entstehen lässt, wo wir Sterben und Untergang sehen.

Siehe, ich will Neues schaffen, eine Einladung zum Glauben an die schöpferische Macht Gottes, ein gutes Wort zu Beginn eines neuen Jahres. Zunächst wächst das neue Leben heimlich, aber doch unaufhaltsam. Für mich persönlich beginnt mit dem Januar 2007 eine neue berufliche Etappe, ich werde als Dozent für Theologie in Moritzburg bei Dresden tätig sein. Vieles von dem Neuen liegt noch im Dunkeln, aber ich weiß, dass eines in jedem Fall gilt: Gott behütet meinen Weg, er gibt ihm die Ausrichtung und wird in allem Neuen ein liebevoller Begleiter sein. Das macht mich getrost und dankbar. Das Gleiche wünsche ich Ihnen für das neue Jahr.

Ihr Pfarrer Dr. Thomas Knittel
Falkensteiner Anzeiger, 21.12.2006