Aufwind

Die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.

Jesaja 40, 31

Als ich in die zweite Klasse kam zog unsere Familie um. In ein Neubaugebiet. Neben unserem Wohnblock war ein großes Feld. Die meisten Jahre einfach nur Gras. Diese Fläche hieß unter uns Kindern nur Flugplatz. Dort starteten und landeten Segelflugzeuge. Das interessierte uns sehr. Manchmal wurden die Segler durch ein Motorflugzeug in die Lüfte gebracht und manchmal durch eine Motorseilwinde. Wurden die Segler angezogen liefen links und rechts noch Männer mit. Sie sorgten für das Gleichgewicht. Noch war das Flugzeug ja ziemlich wacklig und die Tragflächen hätten auf dem Boden aufkommen und brechen können. Die Flügel wurden gehalten. Das ganze Gerät stabilisiert. Noch hatte es keine Kraft. Darum wurde es ja mit dem Seil hochgezogen. Und der faszinierendste Augenblick war dann, wenn der Pilot das Seil ausklinkte und von selber weiterfliegen konnte. Ganz ‚von selber’ war es ja nicht. Er nutzte die Kräfte der Thermik und des Windes. Wir sagen manchmal von einem Menschen er hätte AUFWIND bekommen um z.B. eine Sache weiterzuführen oder überhaupt erst den Mut etwas zu beginnen. Solchen Aufwind verspricht das Bibelwort für Dezember Menschen, die „auf den Herrn harren“. Geduldig hoffen auf Gott. Das ist eine starke Herausforderung. Das geht nur mit dem Wagnis des Vertrauens. Vertrauen darauf, dass dieser Gott eine Wirklichkeit ist und nicht nur eine Beruhigungsfloskel oder eine billige Durchhalteparole. Beharrlichkeit brauchen wir in Situationen, wo wir auf Veränderung warten, wo es schwer ist den Mut zu behalten und wo wir in der Versuchung stehen aufzugeben und‚ die Flügel hängen zu lassen’. In der Ursprache der Bibel hat das Wort für‚ harren, hoffen’ etwas mit dem Wort für‚ Schnur, Seil’ zu tun. Ich denke an die Seilwinde auf dem Flugplatz in meiner Kindheit. Die Hoffnung zieht uns. Klinken wir uns ein und klinken wir uns nicht zu früh aus, damit wir mit dem Kraft geber Gott verbunden bleiben. Er möchte uns in den Aufwind ziehen. Das bedeutet selbst in einer schwierigen Situation dranbleiben und das Mögliche tun. Und das im Vertrauen auf Gott. Und Gott wird denjenigen beflügeln. Und das Leben wird wohl kein Bilderbuchleben aus dem Katalog - aber es wird wieder ein beschwingtes Leben im Aufwind Gottes.

Eine gesegnete Adventszeit wünscht Ihnen Karsten Hellwig,
Prediger der Landeskirchlichen Gemeinschaft Falkenstein
Falkensteiner Anzeiger, 29.11.2007