Nicht lassen, von dem zu reden

Wir können’s ja nicht lassen, von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben

Apostelgeschichte 4, 20

Wir Menschen sind verschieden. Da war eine tolle Urlaubsreise – sagen wir: eine Kreuzfahrt! Wieder zurückgekehrt, berichtet der Eine allen zu Hause davon, noch ganz erfüllt von dem, was er gesehen und erlebt hat, lässt sie dadurch an allem mit teilhaben. Vom Anderen dagegen erfahren die Daheimgebliebenen hinterher nicht einen Piep!

Oberflächlich gesehen könnte man diesen Monatsspruch auch einfach als so eine Anregung verstehen: Auch Christen sollen das, was sie mit Gott erlebt haben, nicht nur für sich selbst in ihrem Inneren bewahren. Sie sollen vielmehr darüber sprechen und andere daran teilhaben lassen. Das könnte Menschen ermutigen, es ebenfalls mit Gott zu versuchen.

Betrachtet man den Bibelvers allerdings in seinem Zusammenhang, dann bekommt er noch einen ganz anderen Akzent: Ein Tagesereignis hatte die Bewohner von Jerusalem damals in Aufregung versetzt: Ein stadtbekannter Bettler, seit seiner Geburt gelähmt, war durch ein Wunder ganz plötzlich gesund geworden! Nun wollten alle wissen: Wie ist das passiert? Die Apostel Petrus und Johannes geben der aufgeregten Volksmenge eine Erklärung ab: Sie haben diesen Bettler vor dem Tempeleingang sitzen sehen, haben ihm gesagt: „Im Namen Jesu Christi, stehe auf und geh!“ – alles Andere aber hat dann Jesus getan! Er hat ihn geheilt! Und dann sprechen sie zu diesen Leuten, die noch vor Kurzem das „Kreuzige!“ gerufen haben, von dem auferstandenen Jesus: dass er jetzt zur Rechten Gottes ist und die gleiche Macht hat wie Gott selbst!

Die politischen und geistlichen Führer in Jerusalem empfinden solche öffentlich ausgesprochenen Worte als Provokation. Sie meinten ja, dass das Thema „Jesus“ seit der Kreuzigung erledigt ist. Die Apostel werden deshalb verhaftet, ihnen wird der Prozess gemacht. Vor demselben Gericht, das Wochen zuvor den Tod von Jesus beschlossen hat, müssen sie alles noch einmal wiederholen und bekommen am Ende ganz massiv verboten,jemals noch irgendwo von Jesus zu sprechen oder diesen Namen auch nur in den Mund zu nehmen. Doch die beiden lassen sich darauf überhaupt nicht ein! „Wir können’s nicht lassen, von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben!“ - Hätten die Apostel nicht so unerschrocken reagiert, sondern der Forderung nachgegeben, gäbe es bis heute wahrscheinlich in der Welt keine christliche Kirche! Fazit: Die Botschaft des Evangeliums war praktisch von Anfang an konfrontiert mit dem Widerstand der Welt! Und je stärker der Gegenwind war, umso unerschrockener ist das christliche Zeugnis gewesen.

Wir sollten uns heute - trotz der Freude über die Record-Besucherzahlen von Pro Christ – auch keinerlei Illusionen hingeben: der Gegenwind wird stärker! Die Angriffe gegen den christlichen Glauben in der Öffentlichkeit nehmen ständig zu! Immer häufiger kommen Sendungen gegen Glauben und Bibel jetzt sogar in den öffentlichrechtlichen Fernsehkanälen. Gegen kirchliche Großveranstaltungen wie das Christival haben sich Gruppen, die die Zerstörung des Christentums wollen, in aller Öffentlichkeit stark gemacht. Und nachdem z.B. in London an öffentlichen Verkehrsmittel für ein Leben ohne Gott geworben wurde, plant der Atheistenverband, auch in Berlin, Köln und München öffentliche Busse mit Aufschriften wie „Gottlos glücklich“ und „Es gibt keinen Gott“ fahren zu lassen. Die Kölner Verkehrsbetriebe haben die Kampagne an ihren Fahrzeugen allerdings zum jetzigen Zweitpunkt vor dem Hintergrund des eingestürzten Stadtarchivs nun doch gestoppt.

Ich frage mich: Werden wir Christen auch dann noch unerschrocken von unseren Erfahrungen mit Gott reden, wenn es zum Risiko wird, wenn es wieder zu Diskriminierung und Verfolgung kommt? In zwei Dritteln der Welt ist das ja bereits der Fall. Ein kleiner Vorteil ist, dass wir als gelernte DDR-Bürger da doch schon einige Erfahrungen mitbringen können!

Es grüßt Sie ganz herzlich Ihr

Pfarrer Helfried Gneuß
Falkensteiner Anzeiger, 30.04.2009