Prophetische Worte

Umso fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen.

2. Petrus 1, 19

„Prophetische“ Worte haben wieder einmal Hochkonjunktur. Auf öffentlichen Straßen und Plätzen, in Buchläden und mehr noch im Internet sind viele Leute unterwegs, die düstere Zeiten vorhersagen. Manches davon scheint mit Fakten unterlegt, manches fußt auf abenteuerlichen Verschwörungstheorien oder auf diffusen Ängsten und Spekulationen. Manche selbsternannte „Propheten“ spielen auch verantwortungslos mit gefühlten Unsicherheiten, Sorgen und Ängsten. Die Welt, in der wir leben, ist aus den Fugen geraten. Die weltweiten Krisenherde und das Gebaren vieler Politiker erweckt in mir den Eindruck: Die ganze Menschheit ist verrückt geworden. Viele Menschen fragen: Was kommt auf uns zu? Wohin wird das alles noch führen? Manche sagen: „Wir schaffen das.“ Ist das blauäugig, Selbstüberschätzung oder gar Missbrauch von Macht und regierten Massen? Man darf zweifeln. Eine gesunde Skepsis hat noch nie geschadet. Brauchen wir nicht eher einen radikalen Kurswechsel? Kann der Austausch von Politikern im eigenen Land die weltweiten Probleme lösen? Gibt es einfache und schnelle Lösungen? Wem kann man vertrauen? Woran können wir uns orientieren? Welchen Propheten sollen wir glauben?

Es gibt selbsterfüllende Prophezeiungen. Wenn man das Unheil nur lange genug propagiert, dann wird es irgendwann tatsächlich eintreffen. Unsicherheit, Orientierungslosigkeit und pauschale Schuldzuweisungen führen immer wieder zu Kurzschlussreaktionen, richten sich gegen Menschen und Menschengruppen und machen am Ende alles nur noch schlimmer. Wir Deutschen müssten es wissen: Da war schon einmal die Welt aus den Fugen. Man glaubte „die Juden“ sind an allem Schuld und mit ihnen „die Zigeuner“, „die Schwulen“, die Kommunisten, die Russen … Ein starker Führer sollte dann die schnelle, die „Endlösung“ bringen, und er brachte den Untergang.

In der Bibel begegnen uns zahlreiche Propheten. Es sind Menschen, die in verschiedenen Zeitepochen ihre Gegenwart gedeutet und auch Zukunft vorausgesagt haben. Darunter sind auch falsche Propheten, die Falsches sagen oder Richtiges zur falschen Zeit. Wahre Propheten erzählen von Gottes Willen für die Welt, Gottes Botschaft der Freiheit und der Liebe für die Welt. Dabei müssen sie ihre Zeitgenossen manchmal aufschrecken, sie ermahnen, wenn Ungerechtigkeit und Unfriede überhand nehmen. Nahendes Unheil bis hin zum Untergang von Staat, Volk und Kultur deuten sie als Gottes Gericht. Die falschen Propheten wollen das nahende Unheil nicht sehen, wollen nichts wissen von Gottes Gericht. Ihre Deutungen und Prognosen sind von bestimmten Interessen oder Interessengruppen geleitet - nicht von Gottes lebendigem Wort. Wer Recht hatte, wird immer erst die Zukunft, der Ausgang der jeweiligen Geschichte zeigen.

Auch der 2. Petrusbrief prognostiziert zunächst eine düstere Zukunft. Das ist nicht nur der Untergang einer bestimmten Staatsform oder Kultur: „Dann werden die Himmel zergehen mit großem Krachen; die Elemente aber werden vor Hitze schmelzen, und die Erde und die Werke, die darauf sind, werden ihr Urteil finden“, um dann fortzufahren: „Wir warten aber auf einen neuen Himmel und eine neue Erde nach Gottes Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt“. Bevor Neues und Gutes entstehen kann, muss das Alte untergehen und mit ihm alle Menschen, die im Alten verhaftet bleiben wollen. Und deshalb fordert der biblische Brief seine Leser auf: Lebt jetzt so, wie es der neuen Welt Gottes entspricht. „So wendet alle Mühe daran und erweist in eurem Glauben Tugend und in der Tugend Erkenntnis und in der Erkenntnis Mäßigkeit und in der Mäßigkeit Geduld und in der Geduld Frömmigkeit und in der Frömmigkeit brüderliche Liebe und in der brüderlichen Liebe die Liebe zu allen Menschen.“ Der Monatsspruch bringt das wahrhaft prophetisch auf den Punkt: Lasst euch nicht verrückt machen, von denen die nur Dunkelheit sehen. Habt Gottes gute Zukunft vor Augen und lasst das Licht der Liebe, des Friedens und der Gerechtigkeit aufgehen in Euren Herzen, damit es euer Handeln und damit auch Eure Zukunft bestimme.

Herzlich grüßt Sie Pastor Norbert Lötzsch
Falkensteiner Anzeiger, 27.10.2016