Gute Gespräche

Wisset, meine geliebten Brüder und Schwestern: Jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn.

Jakobus 1, 19

Wann hatten Sie zuletzt ein sehr gutes und anregendes Gespräch? In unserer schnelllebigen Zeit sind es eher seltene Momente, in denen wir in ein intensives Gespräch finden. Direkte Gespräche sind in Zeiten von Smartphone und Co sowieso rückläufig. Und wenn Menschen sprechen, dann oft über andere, die gar nicht dabei sind oder über Dinge, die gar nicht so wichtig sind, wie sie scheinen. Meist wird mehr über Negatives gesprochen, über das man sich aufregt. Schnell sind dann Schuldige gefunden. Direkt mit ihnen darüber zu sprechen, ist eher eine Seltenheit. Das viele Positive, für das wir allen Grund haben, dankbar zu sein, wird oft nicht gesehen und thematisiert. Bei alltäglichen Gesprächen wird auch selten geprüft, ob das, was man da erzählen will, auch wahr, wichtig und gut ist. In einer Weisheitsgeschichte wird das so auf den Punkt gebracht: Zum weisen Sokrates kam einer gelaufen und sagte: „Höre Sokrates, das muss ich dir erzählen!“ „Halte ein!“ - unterbrach ihn der Weise, „Hast du das, was du mir sagen willst, durch die drei Siebe gesiebt?“ „Drei Siebe?“, frage der andere voller Verwunderung. „Ja guter Freund! Lass sehen, ob das, was du mir sagen willst, durch die drei Siebe hindurchgeht: Das erste ist die Wahrheit. Hast du alles, was du mir erzählen willst, geprüft, ob es wahr ist?“ „Nein, ich hörte es erzählen und...“ „So, so! Aber sicher hast du es im zweiten Sieb geprüft. Es ist das Sieb der Güte. Ist das, was du mir erzählen willst gut?“ Zögernd sagte der andere: „Nein, im Gegenteil...“ „Hm...“, unterbracht ihn der Weise, „So lass uns auch das dritte Sieb noch anwenden. Ist es notwendig, dass du mir das erzählst?“ „Notwendig nun gerade nicht...“ „Also“ sagte lächelnd der Weise, „wenn es weder wahr noch gut noch notwendig ist, so lass es begraben sein und belaste dich und mich nicht damit.“ Wenn wir das beherzigen, dann würden wir wohl seltener reden oder nur Wichtiges und für andere Aufbauendes sagen. Das würde die Qualität der Gespräche verbessern und wir könnten öfters sagen: „Das war ein gutes und hilfreiches Gespräch.“ Auch in der Bibel wird das thematisiert. Im Jakobusbrief können wir lesen: „Wisset, meine geliebten Brüder und Schwestern: Jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn.“ (Jakobus 1, 19) So wünsche ich Ihnen viel Aufmerksamkeit und Offenheit, um erst einmal zu hören und zu verstehen, wie es meinem Gegenüber gerade geht; dann die Gabe, gut zu filtern, was wahr, wichtig und gut ist und meinem Gegenüber wirklich weiterhilft und die nötige innere Ausgeglichenheit, um den richtigen Tonfall zu finden. Wenn uns das mehr und mehr gelingt, werden wir mehr gute und anregende Gespräche führen.

Ralph Kochinka, katholischer Pfarrer von Auerbach und Falkenstein
Falkensteiner Anzeiger, 29.08.2019