Wem gehöre ich?

Ihr seid teuer erkauft; werdet nicht der Menschen Knechte.

1. Korinther 7, 23

Wächst die Kaufkraft im Land, freuen sich Konsumenten und Handel, die Wirtschaft wird stimuliert und die Finanzämter füllen ihre Säckel. Welche Kaufkraft ist eigentlich nötig für ein gelingendes Leben? Was ist der Preis der Freiheit? Davon schreibt der Apostel Paulus, wenn er uns erinnert: „Ihr seid teuer erkauft.“

Paulus schreibt gewissermaßen von der „Kaufkraft“ Jesu Christi. Das ist die Kraft einer leidenschaftlichen Liebe, die sich selbst verschenkt in ganzer Lebenshingabe. Sie ist der Preis für unser Leben, frei von Sünde und Tod, aufrecht in Hoffnung, fähig zum Guten.

Hatten oder haben wir derartiges nötig? Mussten wir freigekauft werden? Freigekauft durch einen, der für uns sein Leben gab? Waren oder sind wir denn Gefangene, Sklaven? Und wenn Jesus Christus für uns bezahlt hat, wem „gehören“ wir jetzt?

Marlene Dietrich, die große Filmdiva aus inzwischen fast vergessenen Zeiten, sang auch ziemlich melancholische Schlager. Eines ihrer Lieder trug den Titel „Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre“. In dem Lied spielt sie mit dem Zweifel, ob sie sich denn binden könne an den einen Mann, die eine Liebe: „Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre, ich bin doch zu schade für einen allein. Wenn ich jetzt grad` dir Treue schwöre, wird wieder ein and`rer ganz unglücklich sein“. Und nach kurzem Hin und Her zieht Marlene Dietrich für sich den Schluss: „Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre, ich glaub`, ich gehöre nur mir ganz allein!“

Was ist davon zu halten? Wem gehört ein Mensch? Wem gehören wir? Wem gehöre ich?

Wir leben in Verbindungen, in Beziehungen. Und die prägen uns - so oder so. Gelegentlich bestimmen die uns sehr stark, dominieren uns auch. Wir geraten dabei mitunter in Abhängigkeiten. Und manchmal entsteht daraus eine Gefangenschaft, eine Sklaverei.

Selbstverständlich wollen wir in Freiheit leben. Aber wie frei sind wir tatsächlich?

Wie ging es eigentlich aus mit Marlene Dietrich? Sie hatte ein spannendes und selbstbestimmtes Leben gelebt, hatte sich kaum je von anderen dreinreden lassen, machte, was sie wollte. Immerhin war sie 91 Jahre alt geworden, als sie 1992 starb. Die letzten elf Jahre ihres Lebens freilich hatte sie ihre Pariser Wohnung nicht mehr verlassen und lebte allein und abgeschirmt hinter heruntergelassenen Jalousien. Vielleicht hatte sie nicht alt werden oder gealtert aussehen wollen. Sie starb sehr einsam.

Wohin führt das Leben eines Menschen, der überzeugt ist: Ich gehöre nur mir ganz allein?

Ich möchte nicht urteilen. Ich frage nur. Aber mit Paulus behaupte ich: Immer gehören wir Menschen doch irgendwohin und irgendwie auch zu irgendwem. Und wenn ein Mensch Christ geworden ist, hat dieser Mensch einen neuen Herrn gewonnen. Es hat ein Herrschaftswechsel stattgefunden: „Ihr seid teuer erkauft; werdet nicht der Menschen Knechte.“ Ich finde es unendlich verheißungsvoller, Gott meinen Herrn sein zu lassen als irgendwen oder irgendetwas sonst und freue mich mit Paulus an der - wie er schrieb - „herrlichen Freiheit der Kinder Gottes“. Sie ist mir überaus teuer, schon weil mir nicht billig sein kann, was Gott teuer bezahlt hat.

Mit guten Segenswünschen für die Passionszeit, die Ende Februar beginnt, grüßt Sie freundlich

Pastor Jörg-Eckbert Neels, Evangelisch-methodistische Kirche Falkenstein
Falkensteiner Anzeiger, 30.01.2020