Aufeinander achthaben

Lasst uns aufeinander achthaben und einander anspornen zur Liebe und zu guten Werken.

Hebräer 10, 24

Die letzten Monate des Jahres verlaufen in der Regel etwas ruhiger. Die Blätter färben sich an den Bäumen, die Sonne durchleuchtet sie und taucht die Welt in ein warmes Licht. Das Jahr neigt sich und ich beginne, Bilanz zu ziehen: Was für ein Jahr! Was hat es alles gebracht? Eine überraschende Perspektive zeigt mir dabei der neue Monatsspruch: Er fragt nach der Bilanz meines Verhaltens für andere: Was hat mein Leben in diesem Jahr für andere gebracht? Was hat mein Verhalten ausgelöst bei den Menschen, die mir die Nächsten sind? Fühlten Sie sich von mir wahrgenommen oder übersehen? War mein Verhalten ein Ansporn für sie, Gutes zu tun und Menschen in Liebe zu begegnen? Oder habe ich nur in den allgemeinen Unmut und manche Frustration eingestimmt? Beides war in meinem Verhalten in diesem Jahr vorhanden. Wie schnell geht es, dass sich auch mein Verhalten nicht an den biblischen Werten wie Vertrauen, Geduld, Wahrhaftigkeit, Sanftmut und Demut orientiert, sondern bestimmt wird vom Streben nach Erfolg und Effizienz, Autonomie und Dominanz, vom Lust und Nützlichkeitsprinzip?!

Der Hebräerbrief zeigt uns deshalb 3 Schritte, die einen guten Einfluss haben auf unser Verhalten. Der 1. Schritt heißt: „Lasst uns hinzutreten“ – gemeint ist: lasst uns als Menschen, die Gottes Vergebung erfahren haben, zu Gott kommen. Wer Vergebung erfahren hat, wird nachsichtiger sein mit den Fehlern der anderen. Der 2. Schritt: „Lasst uns festhalten an der Hoffnung“. Ja, wir haben Grund zur Hoffnung. Auch wenn der Wind der Zeit und der Umstände uns ins Gesicht bläst: Wir haben einen, der uns hilft, der uns hält und durchbringt. Der 3. Schritt: „Lasst uns aufeinander achthaben“ – dass wir uns nicht aus dem Blick verlieren, sondern teilnehmen an seinem Ergehen. Wie oft ist es schon eine Hilfe, wenn einer ehrlich fragt: „Wie geht es Dir?“ – und auch wirklich zuhören will! Gerade in dieser Zeit, in der jeder mit sich selber zu tun hat, ist es wohltuend, wenn da jemand echtes Interesse zeigt. Und wenn ich wissen darf: der andere betet für mich. Oder auch mit Liebe auf ein Fehlverhalten hinweist. „Lasst uns aufeinander achthaben und anreizen zur Liebe und zu guten Werken.“ Genauso geht Jesus mit uns allen um. Er zeigt uns durch sein Leben auf Erden, was ein gutes Leben ist, ein Leben, das anderen wohltut. Er zeigt durch sein Sterben am Kreuz, wie sehr er uns liebt – und was er bereit ist, für uns einzusetzen: sein Leben. Er zeigt uns durch seine Auferstehung, worauf wir unsere Hoffnung bauen können: Jesus hat den Tod besiegt. Der Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi sagte: „Erziehung ist Vorbild und Liebe.“ Das heißt: Besser, als über das Verhalten von anderen zu schimpfen, ist, ihnen in Güte und Liebe zu begegnen. Die Kraft dazu kann aber nur die Güte und Liebe in uns wecken, die wir bei Gott erfahren.

So dürfen wir voll Hoffnung in die letzten Monate des Jahres gehen. Wir dürfen Gott danken für die guten Gaben, die er uns schenkt – zu Erntedank. Wir sind eingeladen, unser Leben in seinem Licht zu überdenken – Buß- und Bettag. Und wir sind ermuntert, unsere Hoffnung auf ihn zu setzen, der den Tod überwunden hat und uns die Tür geöffnet hat zu seinem Reich – Ewigkeitssonntag.

„Ach nimm mich hin, du Langmut ohne Maße; ergreif mich wohl, dass ich dich nicht verlasse. Herr, rede nur, ich geb‘ begierig acht; führ, wir du willst, ich bin in deiner Macht.“ Amen. (G. Tersteegen)

Ihr Pfarrer Jörg Grundmann
Falkensteiner Anzeiger, 30.09.2021