Kirchenschatz

Du bist mein Helfer und unter dem Schatten deiner Flügel frohlocke ich.

Psalm 68, 8

Liebe Leserinnen und Leser,

wissen Sie, was ein „Kirchenschatz“ ist? Üblicherweise versteht man als Kirchenschatz allerlei kostbare Gegenstände, wie sie die Kirche auf ihren langen Wegen und Irrwegen angesammelt hat: Kirchengerätschaften aus edlen Metallen, silberne Kelche, goldene Kreuze, kunstvoll gefertigte Lektionare und ähnliches mehr.

Kulturgeschichtlich mag dies alles durchaus beeindruckend sein, denkmalgeschützt und bewahrenswert, aber für unser Leben heute bleibt es - mit Verlaub gesagt - beinahe nur Plunder.

Der wahre „Kirchenschatz“ ist ein anderer. Unser Kirchenschatz ist einer, von dem wir und unsere Kinder und Kindeskinder noch zehren können, ohne ihn je aufzubrauchen: Ein Schatz sozusagen, den weder Diebe stehlen noch Motten und Rost zerfressen können.

Er liegt in den uralten Worten der Bibel. Dabei handelt es sich - wie bei jedem Schatz - um Kostbarkeiten, die tatsächlich erst entdeckt und sozusagen gehoben werden wollen. Und dies mitunter durchaus unter erheblichen Mühen. Zählen wir zum Kirchenschatz beispielsweise die Psalmen. Die Bibel ist relativ voll davon - nicht nur im Psalter, also im Buch der 150 Psalmen (das leicht aufzufinden ist in dem dicken Bibel-Buch, wenn man es in der Mitte aufblättert). Nein, es gibt biblische Psalmen auch an anderen Stellen, und selbstverständlich ebenso im Neuen Testament.

Einer der meistzitierten ist vermutlich der Psalm 23: „Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. ... Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir .... Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Haus des HERRN immerdar.“

Einfach schön. Altorientalische religiöse Poesie, wie sie uns von unseren älteren jüdischen Geschwistern überliefert ist. Ihr jahrtausendelanger Gebrauch hat sie nicht im Geringsten abgenutzt. Und die in den Psalmen mit Worten gemalten Bilder erreichen unsere Seele in ihren tiefen Schichten. Es kann ein einzelner Vers einen Menschen ein Leben lang begleiten.

Die Kostbarkeit dieses Kirchenschatzes entfaltet sich oft erst nach mehrjährigem Gebrauch, manchmal jedoch auch in einem Moment, in dem es im Leben wirklich darauf ankommt.

Freilich könnte nun sofort ein moderner Zeitgenosse einwenden, Bibelworte, Psalmen usw. - das sei doch alles altes Zeug. Was allerdings weder mich noch erst recht den Inhalt der Bibel sonderlich irritiert. Denn die Lebensdauer der Bibel allein stellt doch uns und unsere Zeitgenossen schon schlicht in den Schatten.

Stattdessen, liebe Leserinnen und Leser, lade ich Sie ein, mit mir einen einzigen Psalmvers zu lesen - und noch einmal und noch einmal zu lesen, nachzubuchstabieren - zu meditieren, wenn Sie so sagen wollen - und wieder zu lesen, und mal abzuwarten, vielleicht auch gespannt zu sein und zu entdecken, was der Satz mit Ihnen macht, welche Bilder er in Ihnen hervorruft oder auch welche inneren Widerstände, ob er Sie irritiert oder beruhigt, ob Sie es wert erachten, den Satz auswendig zu lernen ... Eben den einen Psalmvers, der von den Bibelgesellschaften als Monatsspruch im August ausgewählt wurde, ein Gebet an Gott, Psalm 68, Vers 8:

Du bist mein Helfer und unter dem Schatten deiner Flügel frohlocke ich.

Mit guten Segenswünschen dazu Pastor Jörg-Eckbert Neels
Evangelisch-methodistische Kirche Falkenstein
Falkensteiner Anzeiger, 27.07.2023