Fern oder nahe?
Bin ich nur ein Gott der nahe ist, spricht der Herr, und nicht auch ein Gott, der ferne ist?
Wie denn jetzt? Ist Gott nun fern oder nahe? Wir reden immer wieder davon, dass Gott nahe ist, bei uns ist. Aus gutem Grund. Die Bibel bezeugt das immer wieder, dass Gott nicht irgendwo in fernen Welten auf uns herab-schaut. „Der Herr ist denen nahe, die ihn anrufen, allen, die ihn ernsthaft anrufen.“ So bekennt es Psalm 145, 18. Aber manchmal erleben wir Lebenssituationen, in denen Gott ganz fern zu sein scheint. Da stirbt ein lieber Mensch ganz plötzlich, oder wir bekommen eine schwere Krankheitsdiagnose, ein schwerer Unfall reißt ein blühendes Leben einfach weg. Und wir fragen: Wo ist Gott? Haben diejenigen dann doch Recht, die meinen, Gott kümmert sich nicht um uns oder es gibt ihn überhaupt nicht? Wie soll ich diesen Vers aus dem Alten Testament verstehen?
Da redet der Prophet Jeremia im Auftrag Gottes Worte gegen falsche Propheten. Das waren Menschen, die vorgaben, Gottes Wort weiterzusagen, ohne dass Gott sie gesandt hatte. Sie verbreiteten Lügen. Sie redeten davon, dass alles in Ordnung sei, obwohl viele Menschen damals nicht nach Gott fragten. Diese Propheten verbreiten ihre Wunschträume, statt die vorherrschende soziale Ungerechtigkeit, Götzendienst und Machtmissbrauch beim Namen zu nennen und die Menschen zur Umkehr zu Gott aufzurufen. Und sie meinten, dass doch Gott nahe sein muss, denn schließlich steht der Tempel in Jerusalem. Doch hier macht Gott nicht mit. Er lässt sich nicht vor unseren Karren spannen. Er ist anders, als wir denken und zieht sich schon mal zurück, wenn wir mit ihm im Leben auch nichts zu tun haben wollen. Gott ist eben ein Gott, der nicht nur nahe ist, sondern der durchaus auch fern sein kann und den wir nicht für unsere Zwecke vereinnahmen können. Aber das andere gilt auch. „Der Herr ist nahe denen, die ihn anrufen.“ Den verzagten Herzen, die sich nach Jesus sehnen, denen ist er ganz nahe. Und das haben schon viele Menschen erlebt und bezeugt, dass Gott sie in den Tiefpunkten des Lebens besonders getragen hat. Das darf uns trösten und aufrichten. Das darf uns einladen zum festen Vertrauen. Aber Gott ist eben auch der heilige Gott, der zu fürchten ist, dem die Ehre gebührt und der oft nicht nach unseren Wünschen oder Vorstellungen handelt. Und er lässt sich von uns nicht vorschreiben, wie er zu handeln hat. Wohl aber freut er sich, wenn Menschen nach ihm fragen, ihn suchen und ihm von Herzen vertrauen.