Du machst fröhlich

Du machst fröhlich, was da lebet im Osten wie im Westen.

Psalm 65, 9

Am ersten Sonntag im Oktober feiern Christen das Erntedankfest. Sie schmücken den Altarraum der Kirchen mit Blumen und Früchten von Feld und Garten und mit vielen Nahrungsmitteln, die wir daraus herstellen und die uns gut schmecken. Wir bringen dies alles unter Gottes Augen und bekennen:

"Du machst fröhlich, was da lebet im Osten wie im Westen."

Gott will seine Menschenkinder fröhlich sehen. Er hat sich eine ganze Menge dafür ausgedacht, zum Beispiel, dass uns Essen und Trinken gut schmecken. Eine breite Palette tischt er uns auf mit vielen Nuancen für unseren Gaumen. So ist Gott: Nicht knauserig und einfallsarm, sondern spendabel und ideenreich.

Fröhlich will er uns machen, gut soll es uns gehen. Jedes Jahr sorgt er dafür, dass es keimt, wächst, Frucht bringt. Er braucht uns dabei, dass wir ihm zur Hand gehen beim Säen, Ernten, Verarbeiten. Aber das Wichtigste geschieht ohne unser Zutun. Er macht es: "Du tust deine Hand auf und sättigst alles, was lebt, nach deinem Wohlgefallen." (Psalm 145, 16) Brot für alle hat die Erde, aber nicht alle auf der Erde haben Brot.

Gott schaut sich um, und ihm kommen die Tränen: achtlos weggeworfene Lebensmittel; Naturpflanzen für Biosprit; verödetes Land in Krisengebieten - ein Jammer!

"Komm, Herr Jesu, sei du unser Gast", so beten wir, wenn wir am gedeckten Tisch sitzen. Stellt euch vor: Jesus kommt in unsere Mitte und nimmt Platz am Tisch der Menschheitsfamilie aus Osten und Westen, Norden und Süden. Was steht ihm da vor Augen? Die einen haben volle Bäuche, leiden an Übergewicht, mäkeln rum; die anderen weinen vor Hunger, wühlen in Müllhalden, lungern rum.

Es schneidet Jesus ins Herz, wenn er uns so sieht. Er stellt uns zur Rede. Ihr seid doch sonst voller Einfälle, wenn es um schnellere Autos, wirksamere Waffen, höhere Gewinne geht. Solltet ihr nicht in der Lage sein, alles, was da lebt, mit dem Lebensnotwendigen zu versorgen, dass die Not gewendet wird und die Freude am Leben zurückkehrt?

So beschämend es für uns ist: Wir sind dazu nicht in der Lage. Wir bringen unser Unvermögen und unsere Schuld unter Gottes Augen und bitten: Gott, verwandle unser Herz! Öffne es für unsere Mitmenschen! Lass uns einander Gutes tun und fröhlich machen!

Ich weiß: Tropfen auf dem heißen Stein sind sie - unsere Spenden, Hilfsaktionen, Bemühungen der Völkergemeinschaft, aber sie sind unerlässlich. Christen tun mit, weil sie wissen: es sind Hoffnungszeichen, die schon heute Tränen trocknen, Hoffnung wecken und die hindeuten auf das, was Gott für uns alle im Sinn hat: "Du machst fröhlich, was da lebet im Osten wie im Westen." Wenn wir im Vaterhaus Gottes vereint sind und an seiner Festtafel Platz nehmen, dann wird es heißen: "Und sie fingen an, fröhlich zu sein." (Lukas 15, 24) und: "Eure Freude soll niemand von euch nehmen." (Johannes 16, 22)

Ihr Pfarrer i. R. Ronald Sporn, Neustadt