Herr, warum ...

Wie kann ein Mensch gerecht sein vor Gott?

Hiob 4, 17

„Herr, warum ... ???“
- das ist wohl die Frage, die wir Menschen in Schmerz und Leiden am häufigsten an Gott stellen. „Warum musste das passieren? Warum lässt du mich so leiden? Warum hast du das Unglück zugelassen?“ Aus diesen Fragen spricht unsere Erschütterung, unsere Trauer, unsere Ratlosigkeit. Aber oft steht hinter diesen Fragen auch die Anfrage an Gott: „Womit habe ich das verdient?“

Viele von uns wissen aus Erfahrung, wie schnell dann die Versuchung da ist, dass wir glauben, jetzt ein Recht zu haben, Gott anzuklagen, er sei ungerecht, und ihm Vorwürfe zu machen: „Herr, ich kenne so viele, die glauben nicht an dich. Sie spotten über die Bibel und leben gewissenlos - aber ihnen geht's gut und alles, was sie tun, gelingt ihnen. Ich dagegen bin dir treu gewesen und habe versucht, nach deinem Wort zu leben. Warum lässt du es diesen Lumpen so gut gehen und mich strafst du so?“

Die Bibel erzählt in 42 Kapiteln von dem gottesfürchtigen Hiob, der ohne irgendeine Schuld in namenloses Elend kam. Einst reich und mit Söhnen und Töchtern gesegnet, verlor er alles in einer einzigen Nacht. Noch mehr: er selbst wurde schwer krank. Und das alles geschah unter der Zulassung Gottes! In Urfa im Zweistromland wird einem noch eine Höhle gezeigt, in der Hiob sein Leiden damals verbracht haben soll. Hiob tröstet sich zunächst damit: „Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen?“ Seine Freunde, die gekommen sind, um ihn eigentlich zu trösten, machen es ihm noch zusätzlich schwer, denn sie sind der Meinung: Wenn man fromm ist, dann lässt Gott es uns gut gehen. Folglich muss auf deinem Leben eine schwere Schuld liegen, für die du nun gestraft wirst!

Hiob selbst kann Gott zunächst nicht verstehen, denn er ist sich keiner Schuld bewusst. Aber er hütet sich in seinem Leiden davor, Gott anzuklagen. Er weiß, das ist nicht recht. Welcher Mensch könnte es wagen, dem heiligen Gott als Ankläger und Besserwisser gegenüberzutreten? Wer ist selbst so untadelig, dass er sich zum Richter über Gott machen darf? Nicht einmal die Engel im Himmel hätten dazu ein Recht!

Hiob findet am Ende ein „Ja“ zu den Schickungen Gottes - und damit hat er Gottes Prüfung bestanden. Denn Gott wollte sehen, ob sich Hiobs Glaube auch im Leiden bewährt. Er gibt ihm aufs Neue Söhne und Töchter; Enkel und Urenkel darf er erleben. Und den Verlust an Hab und Gut gibt ihm Gott auch vielfach wieder.

Hiob ist für uns Christen ein Glaubensvorbild, wenn unser Weg durch Leiden geführt wird. Das aus Amerika in unsere Gemeinden herüberschwappende Wohlfühl-Christentum, das kein Leiden kennt und das lehrt: „Glaube an Gott, dann lösen sich alle deine Probleme! Du wirst Erfolg im Leben haben und es wird dir gut gehen!“ ist eine Lüge, verwandt mit den Äußerungen der Freunde Hiobs. Die Bibel sagt eindeutig: das Kreuz gehört zur Nachfolge Jesu untrennbar dazu. Gott will sehen, dass sich unser Glaube bewährt! In guten Tagen mit Gott zu gehen ist keine Kunst. In den Prüfungen soll sich unsere Treue bestätigen.

Sagt Jesus doch selbst: „Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben“.

Es grüßt Euch Euer Pfarrer i.R. Helfried Gneuß