Dem Schwachen steht der Himmel offen

Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.

2. Korinther 12, 9

Liebe Leser,

in „Supertalent“ präsentieren sich die Talentiertesten, in „Topmodel“ die Schönsten, in der WM die Stärksten und Sportlichsten. Und wir sitzen vor dem Fernseher und bewundern sie. Junge Leute träumen von ihrer Zukunft und nicht wenige wünschen sich, auch einmal da ganz vorn zu sein, unter den Schönen, Talentierten oder Sportlichen. Denn da wird man bewundert. Da, endlich, hat man es geschafft. Da steht einem die Welt offen. Und wer schon nicht so talentiert, schön oder sportlich ist, der ist glücklich, wenn er wenigstens einen Platz im Container bei „Big Brother“ findet. Auch da wird man, wenn schon nicht bewundert, so doch wenigstens begafft. Und irgendwann ist man in der Zeitung und in aller Munde.

Und wir Normalbürger, die wir es nicht ins Fernsehen schaffen, oder das gar nicht erst versuchen? Wir versuchen es in unserem Umfeld, unsere Stärken zu präsentieren und unsere Schwächen zu verbergen. Denn dem Starken, der sich entsprechend darzustellen weiß, steht die Arbeitswelt offen, dem Jugendlichen, der sich cool zu geben weiß, steht die Clique offen, dem Christen, der sich als guter Christ zu präsentieren weiß, die Anerkennung anderer.

So kommt man voran.

Und Paulus? Wusste er nichts davon, dass man mit Stärke voran kommt und mit einem möglichst makellosen christlichen Lebenslauf in den Gemeinden punkten kann? Seine Herausforderer, auch Missionare in den Gemeinden, machten es ihm vor, wie man an und weiter kommt. Und die Gemeinde in Korinth, davon ganz verunsichert, fragte Paulus an, ob er denn auch solche Auswirkungen der Gnade Gottes in seinem Leben aufzuweisen habe, wie die anderen Missionare. Doch Paulus versucht die anderen nicht zu „toppen“. Er lässt sich auf diesen Wettbewerb der Superlative nicht ein. Er zählt die Liste seiner Leiden und Misserfolge auf, durch die er seit Beginn seines Missionsdienstes gehen musste. „Ich will mich am allerliebsten meiner Schwachheit rühmen“ (2. Korinther 12, 9), antwortet er. Und er bekennt offen, dass er da einen „Pfahl im Fleisch“ hat (den er uns nicht genauer beschreibt). Der belastet ihn jedenfalls gewaltig und behindert ihn auch in seiner Arbeit, dass er nicht kann, wie er gerne möchte. Er hat Gott um Befreiung darum gebeten, aber die Antwort bekommen: „Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ Nicht wegen seiner Stärken und Vorzüge, die er auch hatte, hat Paulus so viel Bleibendes bewirkt, sondern weil er sich in seiner Schwachheit Gott zur Verfügung gestellt hat.

Wer stark ist, sei dankbar dafür und passe auf, dass es ihm nicht zu Kopf steigt. Wer schwach ist, sei dankbar dafür und passe auf, dass es ihn nicht mutlos macht.

Dem Starken, der auf sich vertraut, mag die Welt offen stehen. Dem Schwachen steht der Himmel offen - wenn er sich Jesus Christus anvertraut. Willst du, dass Gott durch dich wirkt, dann vertrau nicht deiner Stärke, sondern vertrau dich Ihm in deiner Schwachheit an!

Amen

Ihr Pfr. Eckehard Graubner