Ich will euch trösten - Gedanken zur Jahreslosung für das Jahr 2016

Gott spricht: Ich will euch trösten, wie eine Mutter tröstet.

Jesaja 66, 13

Was haben das Konzentrationslager Auschwitz und die Klagemauer in Jerusalem gemeinsam? Ich durfte vor Jahren beide Orte besuchen und wurde jeweils von zwei Dingen völlig überwältigt. Mein Eindruck: Dort schreien die Steine.

An beiden Plätzen ist das unbeschreibliche Leid von Generationen von Juden förmlich mit Händen zu greifen. Es herrscht eine unfassbare Atmosphäre der Trauer. Sie ist so stark, dass die meisten unserer Reisegruppe, z.B. in Auschwitz, in der Nähe der zerstörten Krematorien ohne erkennbaren äußeren Grund in Tränen ausbrachen. (Unbeschreibliches Leid, unfassbare Trauer)

Die zweite Erfahrung, die ich an beiden Orten machen durfte: So stark das Leid, so stark war auch die Gegenwart Gottes zu spüren und zwar auf eine mir bis dahin völlig unbekannte Weise.

Heute nach so vielen Jahren, wenn ich diese Zeilen schreibe, kommen mir noch die Tränen und ich kann nicht wirklich erklären warum.

Leiden, Todesangst, Ohnmacht und Trauer liegen wie ein dichter Nebel über diesen Orten. Doch gleichzeitig ist mitten in dieser undurchdringlichen Wolke Gott auf ganz wunderbare Weise gegenwärtig. Die beste Beschreibung für seine Gegenwart ist eine mitleidende und tröstende Mutter, die ihrem weinenden Kind warme Worte zuspricht und es in die liebenden Arme nimmt.

Dieser Trost macht das erlebte Leid nicht ungeschehen. Das kann Trost nicht bewirken. Echter Trost ist etwas Geheimnisvolles und Wunderbares zugleich.

Paulus schreibt:

„Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes…“ (2. Korinther 1, 3) Unser Gott ist ein Gott allen Trostes!

Ist deine Hoffnung auf Gott welk und matt geworden, weil du bisher keinen Trost gefunden hast?

“Und siehe, ein Mann war in Jerusalem, mit Namen Simeon; und dieser Mann war fromm und gottesfürchtig und wartete auf den Trost Israels, und der Heilige Geist war mit ihm.“ (Lukas 2, 25)

Simeon wartete auf den Trost Israels und wurde eines Tages durch die Führung des Geistes Gottes in den Tempel zu einem unscheinbaren Paar geführt, die im Begriff waren, ihren acht Tage alten Sohn beschneiden zu lassen. Ein gewöhnliches Baby auf dem Arm einer gewöhnlichen Mutter. Das war für die vielen Tempelbesucher an diesem Tag völlig belanglos, doch nicht für Simeon. Er hatte auf den Trost Israels gewartet und Gott hat es gewusst. Gott hat diesen alten Mann am Ende seines Lebens in diesem Baby seine Gegenwart gezeigt, so dass er sagen konnte: „Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast; denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen, den du bereitet hast vor allen Völkern, ein Licht, zu erleuchten die Heiden und zum Preis deines Volkes Israel.“ Das ist nur ein Beispiel, wie Gott auf wunderbare und geheimnisvolle Weise tröstet, auch heute noch.

Nicht fassbar oder berechenbar und doch wirksamer als alles, was wir kennen.

Übrigens, es gibt Menschen, die anderen auch ein echter Trost sind, manchmal allein nur durch ihre bloße Gegenwart. Was ist ihr Geheimnis?

Es sind Personen, die selbst durch sehr schweres Leid geführt wurden und in diesem dunklen Tal lange auf den Trost Israels warten mussten. Es sind Menschen, die selbst auf wunderbare Weise von Gott getröstet wurden und von da an etwas in sich oder an sich haben, das wirklichen Trost spenden kann, weil es von dem Gott allen Trostes kam. Auf dem Leben dieser Menschen liegt beides, die Wolke der Trauer und des Schmerzes und zugleich in dieser Wolke gegenwärtig, der Tröster. Nach meinem Besuch in Auschwitz habe ich mich oft gefragt, wie will Gotte es nur anstellen, sein gegebenes Versprechen einzulösen: “…und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen.“ Heute weiß ich, er ist der Gott allen Trostes und er hat genug Trost für jeden, der darauf wartet. Das ist sein Versprechen und er hält, was er verspricht, auch im vor uns liegenden Jahr 2016.

Mit den besten Segenswünschen für das neue Jahr,

Lutz Heidrich