Es ist vollbracht

Jesus Christus spricht: „Es ist vollbracht.“

Johannes 19, 30

Der Zimmermann schlägt den letzten Nagel in die Dachlatte. „Es ist geschafft“, denkt er. Nun kann das Dach endgültig gedeckt werden. Der Autoschlosser poliert das Auto: „Es ist geschafft“, denkt er. Das Auto ist repariert und kann nun wieder ausgeliefert werden. Der Büroangestellte schaltet den Computer aus, steht vom Schreibtisch auf und schließt das Büro ab. „Es ist geschafft“, denkt er, „endlich Feierabend!“ Ganz ähnlich klingen die Worte Jesu – und sind doch so ganz anders: „Es ist vollbracht.“ Als Jesus diese Worte sagte, konnte er nicht entspannt auf sein Tagewerk schauen. Auch die Früchte seiner Arbeit waren noch nicht zu sehen. Kein gemütlicher Feierabend auf dem Sofa bei einem Glas Tee. „Es ist vollbracht!“ – das ruft Jesus am Kreuz! Vollkommen hilflos hing er dort. Er konnte nichts mehr tun. Er war gänzlich ausgeliefert. Aber gerade in seiner Ohnmacht errang er den größten Sieg!

Schauen wir IHN an: den Gekreuzigten. Seine Hände wurden einst über das tobende Meer gestreckt. Da wurden die wilden Wogen still und der Sturm legte sich. Die rechte Hand ergriff einst Petrus, der in den Wellen zu versinken drohte. Da war er gerettet! Dieser Mund rief einst den Lazarus aus dem Rachen des Todes. Und Lazarus kam aus dem Grab. Er sagte zum Jüngling zu Nain: „Jüngling, ich sage dir, steh auf!“ Und er stand auf. Dieser Mann, der solche Taten und noch viel mehr getan hat, hängt nun ohnmächtig am Kreuz. Tragen jetzt der Tod und sein Gefolge den Sieg davon? Triumphiert nun die Sünde, die den Gottessohn ans Kreuz gebracht hat? Jubelt die Hölle, deren Herrscher den Mann aus Nazareth endlich niedergestreckt hat?

Nein! Das ist das Wunder von Golgatha: In völliger Ohnmacht tut Jesus hier die größte Tat. Er trägt die größte Last weg, die es je gab – die Schuld der Welt. Die bezahlt die größte Rechnung, die es je gab – die Forderung Gottes, die seine Gerechtigkeit an den Menschen stellte. Sie überwindet die undurchdringlichste Grenze, die es je gab – die Grenze zwischen Gott und uns Sündern.

Es ist so wichtig, dass wir das begreifen. Wer das von Herzen glaubt, der kann bekennen: Dieser Mann, der damals starb, der starb für mich! Er hat mich herausgerissen aus dem Zorn Gottes, aus der Friedlosigkeit, aus der Schuld und allen Bindungen des Bösen. Er hat mich getragen zum Herzen Gottes. Und nichts kann mich mehr von ihm und seiner Liebe scheiden. Denn: „Es ist vollbracht!“ Er hat's vollbracht!

Und wenn auch manche Finsternis uns bedrängt, kein Licht mehr scheint und alle Hoffnungen zerbrochen sind; wenn es auch manchmal so aussieht, als hätten die Sünde, Tod und Teufel gewonnen: Nein! Jesus ist Sieger! Gerade in der größten Dunkelheit ist er da. Und steht uns bei. Er hält uns fest. Und reißt uns heraus! Das ist sein Sieg. „Wohl dir, du Kind der Treue, du hast und trägst davon mit Ruhm und Dankgeschreie den Sieg und Ehrenkron; Gott gibt dir selbst die Palmen in deine rechte Hand, und du singst Freudenpsalmen dem, der dein Leid gewandt“, dichtete Paul Gerhardt. Das wünschen wir allen, die jetzt eine besondere Not zu tragen haben.

Herr Jesus Christus. Wir danken dir für deine grenzenlose Liebe! Amen.

Ihr Pfarrer Jörg Grundmann