Abhängig vom lebendigen Gott

Es wird gesät verweslich und wird auferstehen unverweslich.

1. Korinther 15, 42

Es ist kaum zu begreifen: bis vor kurzem schien der Menschheit nichts unmöglich zu sein. Die Grenzen waren offen. Der Tourismus blühte. Der Warenverkehr ging ohne Einschränkungen von Kontinent zu Kontinent. Doch nun kommt ein unsichtbarer Virus und legt das Leben von ganzen Staaten und Kontinenten lahm. Uns Menschen wird vor Augen geführt, wie klein und machtlos wir sind. Wie schnell geht es, dass unser normales Alltagsleben eingeschränkt wird. Verordnungen und Bestimmungen werden nötig, die vor wenigen Monaten noch undenkbar waren. Was mir im Alltag oft aus dem Blick gerät, wird nun wieder deutlich: Mein Leben ist ganz und gar abhängig vom lebendigen Gott. Gerade dieser Gott ist uns zur Hilfe gekommen. Er ist unser Arzt, Heiland und Erlöser. Er hat diese Welt geschaffen und hält alles in seiner Hand. Und Er ist selbst in diese erkrankte Welt gekommen. Er ist Mensch geworden unter einer Menschheit, die vom gefährlichsten Virus angesteckt ist, den es nur gibt: Dem Virus der Gottlosigkeit und Sündhaftigkeit. Der hat uns Menschen den Tod gebracht. Der hat uns die Hoffnung und die Liebe genommen.

Wie ein vergänglicher Mensch kommt Gott in diese Welt: in seinem Sohn Jesus Christus. Der Arzt kommt zu den Kranken.

Paulus war solch ein kranker Mensch. Äußerlich war er jung und dynamisch, doch seine Seele war erfüllt mit Geltungssucht und Ehrgeiz. Noch nannte er sich Saulus und wollte den neuen Glauben zum Schweigen bringen. Er rechnete nicht damit, dass Gott tatsächlich in diese Welt gekommen ist und sich als Arzt seiner erkrankten Menschheit annimmt. Er rechnete nicht damit, dass Gott ins einem Sohn sein eigenes Leben eingesetzt hat, um uns zu retten für Zeit und Ewigkeit! Saulus verfolgte die Christen, die das verkündigten.

Da tritt ihm Jesus in den Weg: „Saul, Saul, was verfolgst Du mich?“ (Apostelgeschichte 9, 4), fragt ihn der Auferstandene. Saul erblindet. Er lässt ab von seinen Plänen. Er ergibt sich und gibt sein Leben dem Herrn in die Hände. Und er erkennt: Jesus lebt! Er ist nicht nur eine Vorstellung der Menschen, sondern der lebendige Herr! Er hat die letzte Lebensgefahr überwunden, hat den Tod überwunden, und wir können mit ihm auch heute leben. Es ist ihm ein kleines, Saulus das Augenlicht zurückzugeben und einen neuen Namen: Paulus. Jesus hat Krankheit und Tod mit ihrer Endgültigkeit besiegt.

Da fällt Paulus Blick auf das Weizenkorn. Es ist ein Bild für Jesus. Das Korn muss in die Erde fallen. Dort zerbricht es. Seine äußere Hülle geht kaputt. Doch daraus entwickelt sich der neue Keim. Die neue Pflanze entsteht und trägt reichlich Frucht. Jesus hat gesagt: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein, wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht!“ (Johannes 12, 24) So erklärt Paulus den Christen in Korinth: Ihr habt vielleicht Zweifel bekommen an der Auferstehung. Aber bedenkt: auch das Weizenkorn ist verweslich und vergeht. Aber aus ihm entsteht die neue Pflanze mit Kraft.

Paulus hat den lebendigen Herrn gesehen. Er ist sein Zeuge, wenn auch der geringste, wie er selbst betont. Bis heute können wir die Spuren sehen, die die Auferstehung Jesu auf dieser Welt hinterließ. Das Leere Grab in Jerusalem, den Ort am See Genezareth, wo Jesus als der Auferstandene seine Jünger wieder zum Fischen hinausschickt. Doch vor allem können wir ihm selbst begegnen, dem lebendigen Herrn. Wir können uns im Gebet an ihn wenden, können mit ihm leben.

Ja, wir danken deinen Schmerzen; ja, wir preisen deine Treu; ja, wir dienen dir von Herzen; ja, du machst einst alles neu. Amen. (EG 93,4)

Ihr Pfarrer Grundmann