Zorn

Zürnt ihr, so sündigt nicht; lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.

Epheser 4, 26

Ein Mitarbeiter einer Firma hat seine Aufgabe nicht gerade mit vollem Engagement erledigt: Man merkt es dem Ergebnis an: Es ist halbherzig abgeliefert. Der Chefs bemerkt es. Weil sich der Angestellte immer wieder mit Ausreden aus solchen Situationen windet, ist der Chef nicht gerade in bester Laune, als er zum Mittagessen kommt. Er weiß schon, welche Ausreden kommen: „Dem werde ich heute Nachmittag zeigen, wer der Chef ist“, sagt er zu seiner Frau am Mittagstisch. Die hört sich die Zornesrede ihres Mannes an, dann fragt sie ihn: „Welchen Chef willst Du ihm denn zeigen?“ Der Mann schaut sie ungläubig an. „Willst Du ihm den Chef zeigen, der jetzt hier am Tisch sitzt? Das wäre nicht gut. Willst Du ihm nicht lieber diesen Chef zeigen?“ Damit zeigte sie auf ein Kreuz an der Wand.

Was ist Zorn? „Zorn ist heftiger Ärger, ein wutähnlicher Affekt, der zu unkontrollierten Handlungen oder Worten führen kann“, sagt das Lexikon. „Der Zorn erscheint dann als Beherrscher des Menschen.“ Ja – so muss ich denken – so ist es: im Zorn bin ich nicht mehr Herr meiner selbst, die Gefühle stehen nicht mehr unter Jesus. Sie haben die Kontrolle übernommen! Jesus warnt uns davor: „Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: Du Nichtsnutz!, der ist des Hohen Rats schuldig; wer aber sagt: Du Narr!, der ist des höllischen Feuers schuldig.“ (Matthäus 5, 22) Mit Zorn machen wir uns schuldig, - auch wenn er manchmal gerechtfertigt ist – denn oft behandeln wir im Zorn eine Ungerechtigkeit mit einer größeren Ungerechtigkeit. Wir handeln, als würden wir den anderen töten wollen. Doch weil die Bibel weiß, wie wir Menschen sind – dass uns der Zorn manchmal packt – gibt Paulus diesen wichtigen Rat: „Zürnt ihr, so sündigt nicht“ – das heißt: Vergeltet nicht Unrecht mit Unrecht. Wenn der andere an mir schuldig wird, kann ich es nicht bereinigen, in dem ich an ihm genauso schuldig werde. Als die Donnersöhne Jakobus und Johannes, - die beiden Jünger, die wegen ihrer zornigen Art diesen Beinahmen bekamen, - einmal Feuer über ein Dorf herbeiwünschten, wo die Leute Jesus nicht aufgenommen haben, fragt sie Jesus: „Wisst ihr nicht, welches Geistes Kinder ihr seid?“ (Lukas 9, 55) Zorn entspricht nicht der Art des Heiligen Geistes. Deshalb gibt Paulus den anderen Rat: „Lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.“ Das heißt: Wenn Zorn da ist, dann seht zu, dass ihr euren Ärger aus der Welt schafft, bevor es dunkel wird. Viele Ehepaare haben sich das zum Ziel gesetzt, sich vor dem Einschlafen wieder versöhnt zu haben. Das ist eine sehr gute Regel für die Ehe. In anderen Bereichen lässt sich der Ärger jedoch nicht vor dem Abend bereinigen. Dann bring ihn im Gebet zu Jesus. Erzähle ihm, worüber du dich ärgerst. Und lass dir den Weg zeigen, wie du damit umgehen sollst. Der Firmenchef aus unserem Beispiel überlegte sich, wie Jesus an seiner Stelle reagiert hätte, was er gesagt hätte, und lernte neu die Sanftmut bei Jesus. So konnte das Wesen seines himmlischen Meisters und Chefs am Nachmittag aus ihm hervorleuchten. „Ach, wie teu’r sind wir erworben, nicht der Menschen Knecht zu sein! Drum, so wahr du bist gestorben, musst du uns auch machen rein, rein und frei und ganz vollkommen, nach dem besten Bild gebild’t: der hat Gnade um Gnade genommen, wer aus deiner Füll sich füllt.“ (Gottfried Arnold)

Ihr Pfarrer Jörg Grundmann