2003 - Jahr der Bibel

Der Jakobusbrief (= Jak) gehört zu den so genannten "katholischen Briefen". Diese Bezeichnung ist seit dem 4. Jhd. n. Chr. üblich und bezeichnet die sieben Briefe im Neuen Testament (Jak, Judas, 1./2. Petrus, 1.-3. Johannes), die sich an keine konkrete Gemeinde, sondern an die gesamte Christenheit (griech.: katholike ekklesia) richten. Dementsprechend lässt sich über die damaligen Empfänger des Jak kaum etwas sagen.

Auch über den Verfasser lässt sich wenig Sicheres sagen. Manche meinen, dass es sich um den Herrenbruder Jakobus handelt (siehe z.B. Markus 6,3; Galater 1,19), der in der Jerusalemer Urgemeinde eine wichtige Rolle spielte (siehe z.B. Apostelgeschichte 15,13). Allerdings passt der Inhalt des Jak wenig zu dem, was wir aus anderen Quellen (Apostelgeschichte, Galaterbrief) über den Herrenbruder Jakobus wissen.

Der Jak betont die Einheit von Glauben und Handeln (vor allem Kap. 2). Ein Christ soll Hörer und Täter des Wortes sein (1,22-23). Glauben und Handeln sind deswegen eine untrennbare Einheit, weil die Glaubenden von Gott Weisheit empfangen (1,5; 3,13-18). Diese "Weisheit von oben" befähigt die Glaubenden zu einem Leben nach Gottes Willen. Es geht daher nicht um einen frommen Aktionismus, sondern auch die Werke eines Christen verdanken sich letztlich der Gnade Gottes.

Das Leben aus der "Weisheit von oben" beschreibt Jakobus in verschiedenen Hinsichten. Er ruft zur Geduld in Anfechtungen und Bedrängnissen (1,2-12; 5,7-11), betont die Gefahren unüberlegten Redens (3,1-12), und warnt vor Uneinigkeit und falscher Selbstsicherheit (Kap. 4). Ferner betont er, dass Gott keine Unterschiede zwischen Reichen und Armen macht, und ermahnt die Gemeinden zu geschwisterlicher Liebe (2,1-9) und zum Gebet (5,13-18).

Wenn Jak 2,24 sagt, "dass der Mensch durch Werke gerecht wird, nicht durch den Glauben allein", so scheint dies in einem gewissen Widerspruch zu Paulus zu stehen, der sagt: "So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben" (Römer 3,28). Offenbar wurde die Lehre des Paulus von manchen in der Weise missverstanden, dass die Werke für die Christen generell bedeutungslos wären. Zum Beispiel zeigte sich dies in sozialen Konflikten, die dadurch entstanden, dass die Reichen sich von armen Gemeindegliedern distanzierten. Gegen solche Haltungen wendet sich Jakobus und betont die Einheit von Glaube und Werken. Er richtet sich damit nicht gegen Paulus selbst, für den diese Einheit ebenfalls unauflöslich ist, sondern gegen Fehlinterpretationen der paulinischen Theologie, die dadurch entstanden, dass Paulus vor allem das Geschenk der Gnade betonte und hervorhob, dass es bei Gott nicht auf fromme "Leistungen" ankommt. Man sollte den Unterschied zwischen Paulus und Jakobus aber nicht übermäßig betonen, denn auch für Jakobus sind die Werke des Christen ja letzten Endes Geschenke Gottes, weil sie der göttlichen Weisheit entspringen und somit nicht aus eigener Kraft getan werden. Die Erlösung ist immer ein Geschenk Gottes, das sich kein Mensch erarbeiten oder verdienen kann. Wer dieses Geschenk aber im Glauben annimmt, wird dadurch auch in seinem Lebenswandel verändert werden. Deshalb gehören Glaube und Werke untrennbar zusammen.

Dr. Thomas Knittel, Pfarrer z.A.


Einführung zu: Evangelien, Matthäus, Markus, Lukas, Apostelgeschichte Römer, 1. Korinther, 2. Korinther, Galater, Philipper, Kolosser, Thessalonicher, Timotheus, Titus, Philemon, Johannes, Hebräer, Jakobus, Judas, Offenbarung