Der erste Brief des Apostel Paulus an die Gemeinde Gottes in Korinth – der 1. Korintherbrief

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Dass dieser inspirierte Brief von Paulus ist, geht wiederum klar aus dem Brief selbst (1. Korinther 1, 1; 1. Korinther 16, 21) und dem Zeugnis der Alten Kirche hervor. Bereits im ersten Clemensbrief um 95 n.Chr. wird er erwähnt.

Paulus kam auf seiner 2. Missionsreise nach seinem Aufenthalt in Athen nach Korinth (Apg 18, 1). Die Stadt Korinth gehörte zu den bedeutendsten Städten, flächenmäßig die größte Stadt, Griechenlands. Sie lag wirtschaftlich und verkehrstechnisch äußerst günstig am westlichen Ende der Landenge (Isthmus), die das griechische Festland mit der Halbinsel Peloponnes verbindet. Nicht nur der Handel vom Festland auf die Halbinsel ging über Korinth, auch der Mittelmeerhandel. 2 Häfen (Kenchräa (aus Römer 16, 1 geht hervor, dass es auch dort (später) eine Gemeinde gab) und Lechaion) sorgten dafür, dass Schiffe nicht die gefährlichen 400 km um die Peloponnes fahren mussten, sondern in einem Hafen landen, dann über den Landweg (auf dem „Diolkos“) zum anderen Hafen transportiert und weiterfahren konnten. Korinth blühte also und war auch kulturell und religiös mit zahlreichen verschiedenen Tempeln und Kulten von großer Bedeutung. Auf einer Anhöhe lag ein Tempel für die Liebesgöttin Aphrodite. Dort lebten und arbeiteten etwa 1000 Priesterinnen, die ihre Dienste auch in der Stadt anboten. Die Unmoral Korinths war sprichwörtlich. Es gab im Griechischen das Verb korinthiazesthai, korinthisch leben, Hurerei treiben. Zudem war Korinth Schauplatz der Isthmischen Spiele, neben den Olympischen Spielen ein wichtiges Sportereignis.


In Apg 18 wird die Entstehung der Gemeinde in Korinth geschildert. Wohl ziemlich niedergeschlagen (1. Korinther 2, 3) kam Paulus aus Athen allein nach Korinth. Nur einige Männer und Frauen hatten sich Paulus in Athen angeschlossen und glaubten (Apg 17, 34), aber auch diesen wenigen galt die Verheißung aus Matthäus 18, 20. Hier in Korinth traf er mit dem Ehepaar Aquila und Priszilla zusammen, die gerade erst aus Rom gekommen waren, denn Kaiser Klaudius ließ 49 n.Chr. alle Juden aus Rom entfernen, da es dort zu einem lautstarken Krach über den Messias Jesus innerhalb der Judenschaft gekommen war. Auch sie waren wie Paulus Zeltmacher und so arbeitete er bei ihnen, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Er wollte nicht den Philosophen in Korinth gleichen, die von ihren Anhängern Geld nahmen und Schulen gründeten, sondern sich deutlich abgrenzen. Daneben predigte er an den Sabbaten in der Synagoge Juden und Griechen, d.h. Proselyten, zum Judentum übergetretene Heiden. Als es zum Widerstand seitens der Juden kam, wechselte Paulus von der Synagoge in das Haus des Titius Justus, das gleich neben der Synagoge lag. Viele Korinther, darunter auch der (nun ehemalige) Synagogenvorsteher Krispus und seine Familie, kamen zum Glauben an Jesus (vgl. auch 1. Korinther 3, 10). Aus 1. Korinther 1, 26​-​27 erfahren wir die Zusammensetzung der Gemeinde in Korinth. Es waren hauptsächlich Menschen aus der Unterschicht, auch Sklaven (vgl. 1. Korinther 7, 21), nur wenige Edle (aus der Oberschicht; vgl. Römer 16, 23, Paulus schreibt aus Korinth nach Rom). Einige hatten eine finstere und anrüchige Vergangenheit (1. Korinther 6, 9​-​11). Die meisten waren aus den Heiden (1. Korinther 12, 2). In der Stadt und so auch in der Gemeinde gab es große soziale Unterschiede. Eine lange Zeit von 1 ½ Jahren hält Paulus sich in Korinth auf, denn Jesus zeigt ihm, dass ER ein großes Volk in dieser Stadt habe (Apg 18, 10). Der Widerstand gegen Paulus seitens der Juden geht soweit, dass sie gegen ihn vor Gallion, der in der Zeit von Juli 51 bis Juli 52 n.Chr. 7 Monate Prokonsul war, ein Bruder des stoischen Philosophen Seneca, prozessieren. Der aber interessiert sich nicht für diese Dinge. So schlagen die Juden den Synagogenvorsteher Sosthenes, was Gallion auch nicht bekümmert. Dieser Sosthenes ist vermutlich, nach seiner Bekehrung, der Mitabsender des 1. Korintherbriefes (1. Korinther 1, 1). Paulus reist dann nach vielen Tagen ab und segelt nach Syrien, zusammen mit Aquila und Priszilla, die er in Ephesus lässt (Apg 18, 18​-​19).


Der Anlass des Briefes ist folgender: Paulus hört (1. Korinther 5, 1; 1. Korinther 11, 18; 1. Korinther 15, 12), namentlich von den Hausgenossen der Chloe (1. Korinther 1, 11) von zahlreichen Problemen und Missständen in der Gemeinde. Zudem hat er Besuch von drei Brüdern bekommen, die in der Gemeinde Verantwortung übernommen hatten und Paulus berichten (1. Korinther 16, 15​-​18). Außerdem hatten die Korinther Paulus einen Brief geschrieben mit einigen Fragen (1. Korinther 7, 1). Paulus antwortet nun mit einem Brief (dem ersten Korintherbrief), den er, wohl im Frühjahr 54 n.Chr., aus Ephesus (1. Korinther 16, 8), während seines 3jährigen Aufenthaltes auf der 3. Missionsreise (vgl. Apg 19, 1​-​12), schreibt und versucht, Dinge zu korrigieren. Nacheinander behandelt er so die Probleme und Fragen und es scheint, als mache er bisweilen Einschübe, die sich ergeben und ein Thema weiterführen.


Nach Angabe von Verfasser, Mitabsender, Adressaten, Gruß und Dank (1. Korinther 1, 1​-​9), schreibt er 1. Korinther 1, 10 – 6, 20 gegen die Missstände in der Gemeinde. In 1. Korinther 1, 10 – 4, 21 geht es um das Parteiwesen, die Streitigkeiten und Eifersüchteleien in Korinth. Dabei geht es auch um das Wort vom Kreuz gegen die Weltweisheit, den Predigtdienst des Apostels, die Unmündigkeit der Korinther. In 1. Korinther 5, 1 – 6, 20 werden die sittlichen Missstände behandelt. In der Gemeinde war ein schwerer Fall von Unzucht aufgetreten, der nicht einmal bei den Heiden vorkommt (1. Korinther 5, 1) und die Gemeinde hat nicht darauf reagiert. Auch um Rechtsstreitigkeiten unter Geschwistern und wie sie ausgetragen werden sollen geht es in diesem Abschnitt. Ab Kapitel 7 (bis wie weit wird verschieden gesehen) beantwortet er die Fragen der Korinther. In 1. Korinther 7 geht es um Fragen der Ehe, Ehelosigkeit, Scheidung und Mischehen. 1. Korinther 8​.​9 behandelt er die Frage nach dem Essen von Götzenopferfleisch, den richtigen Gebrauch der christlichen Freiheit und sein Apostelamt. In 1. Korinther 10 warnt er vor der Teilnahme an Götzenopfermahlzeiten, hinter den Götzen stehen Dämonen, Götzendienst und Abendmahl ist unvereinbar. 1. Korinther 11 behandelt das richtige Verhalten und Stellung von Mann und Frau und das Abendmahl. Die Kapitel 12 – 14 antworten auf Verwirrung hinsichtlich des Wirkens des Heiligen Geistes, behandeln Ursprung, Zweck und Vielfältigkeit der Geistesgaben im Leib Christi, darin 1. Korinther 13 die Beschreibung der Liebe, und gehen auf die Unordnung im Ablauf der Gemeindeversammlungen ein. 1. Korinther 15 behandelt sehr ausführlich die Tatsache und Lehre der Auferstehung (Zeugen der Auferstehung, Tatsache der Auferstehung, Ordnung der Auferstehung, Art der Auferstehung hinsichtlich des Leibes, und neben 1. Thessalonicher 4, 13​-​18 die wichtigen Ausführungen zur Entrückung). In 1. Korinther 16 wird noch die Kollektensammlung angesprochen, Paulus schildert seine Reisepläne (vgl. mit Apg 19, 21; Apg 20, 1​-​2), gibt Schlussermahnungen, Empfehlungen, Grüße und Segenswünsche.


Besonderheiten des Briefes sind die Darstellung der Gemeinde, als Ackerfeld und Bau (1. Korinther 3, 9), als Tempel (1. Korinther 3, 16) und als Leib Christi (1. Korinther 12, 12ff​.​). Der Brief beinhaltet viel Lehre über Christus (1. Korinther 1, 2​.​9​.​24​.​30; 1. Korinther 3, 11; 1. Korinther 4, 5; 1. Korinther 5, 7; 1. Korinther 8, 6; 1. Korinther 10, 4; 1. Korinther 11, 3; 1. Korinther 15, 20​.​45​.​47​.​48). Er zeigt die Bedeutung des AT für die Christen (1. Korinther 9, 10; 1. Korinther 10, 6​.​11). Auch dieser Brief geht wieder auf die Echtheit des Schreibens durch den eigenhändigen Briefschluss ein (1. Korinther 16, 21; vgl. mit 2. Thessalonicher 3, 17).

Sehr interessant ist schließlich der (bei den Paulusbriefen einmalige) Hinweis in 1. Korinther 1, 2. Obwohl der Brief sehr konkrete Probleme der Gemeinde in Korinth behandelt, ist er nicht nur an sie adressiert, sondern an alle Gemeinden auf der ganzen Welt. Die apostolische Lehre des Paulus hat weltweit Gültigkeit (vgl. 1. Korinther 4, 17; 1. Korinther 11, 16; 1. Korinther 14, 33). Das ist gerade auch deshalb wichtig, weil im Brief Dinge angesprochen und geklärt wurden, die heute als zeitbedingt und nur als damals gültig interpretiert und abgetan werden.

Der Brief zeigt bis heute, wie Schwierigkeiten in einer Gemeinde gelöst werden sollen und wie biblische Gemeinde aussehen soll.