Nicht allein

Wenn Jesus - und das ist unser Glaube - gestorben und auferstanden ist,
dann wird Gott durch Jesus auch die Verstorbenen zusammen mit ihm zur Herrlichkeit führen.

1. Thessalonicher 4, 14

Wie wird es sein, wenn wir sterben? Manche wünschen sich einen schnellen Tod; ohne langes Krankenlager, abends einschlafen und früh nicht mehr aufwachen. Kurz und schmerzlos. - Ich wünsche mir, dass ich mich rechtzeitig auf mein Sterben vorbereiten kann: eine Patientenverfügung erstellen, die äußeren Dinge ordnen; und wenn die Todesstunde näher rückt, dann würde ich gerne wach und bei Sinnen sein, von meinen liebsten Menschen Abschied nehmen, ihre Hand halten, ihnen ein gutes Wort sagen, sie um Verzeihung bitten, mit ihnen Abendmahl feiern: den Schein der Kerzen sehen, vertraute Lieder hören, Brot und Wein schmecken: Christi Leib, für dich gegeben.

Christi Blut, für dich vergossen. Ich wünsche mir, nicht allein zu sein, wenn ich sterbe - und weiß doch: Sie bleiben alle hinter mir zurück, die mit mir unterwegs waren. Sie rücken immer weiter von mir weg. Am Ende, wenn ich über die letzte Schwelle gehe, bin ich allein, mutterseelenallein. Auch die innigste Liebe zwischen zwei Menschen ist nicht von Dauer. Aus dem wunderbaren Versprechen „ich bin dein, du bist mein“ wird einmal die Vergangenheitsform „ich war dein, du warst mein“. Keiner kann des andern sein - oder doch? Gibt es einen andern, der anders ist als alle andern? Der nie von mir weggeht? Dem ich zu eigen sein kann, ohne von ihm getrennt zu werden? Der christliche Glaube nennt einen Namen: JESUS. Das ist der EINE, der anders ist als alle andern. An sein Geschick ist unser Geschick gekoppelt. Wir sind in einer Schicksalsgemeinschaft mit ihm verbunden. So hat es Gott verfügt. Jesus übernimmt unser Geschick. Er stirbt unsern Tod. Er schafft unsern Tod fort. Er schafft ihn aus der Welt - und: er verschafft uns dafür sein Leben, das mit Gott im Einklang ist, sein heiles, helles, glanzvolles Leben in Gottes Nähe und Herrlichkeit. Wenn ich einmal sterbe, ich weiß nicht, wie es im einzelnen sein wird, ob meine zu Anfang genannten Wünsche in Erfüllung gehen, oder ob ich in geistiger Umnachtung dahindämmere. Doch weil Jesus in der Taufe seine Hand auf mich gelegt und zu mir gesagt hat: Du bist mein, weiß ich: er nimmt dieses Versprechen nie mehr zurück. Wenn ich einmal sterbe - mag es nun so oder so sein -, sterbe ich nicht für mich allein. Ich bin mit ihm zusammen und stimme ein in das Osterlied von Paul Gerhardt: „Ich hang und bleib auch hangen an Christus als ein Glied; wo mein Haupt durch ist gangen, da nimmt er mich auch mit. Er reißet durch den Tod, durch Welt, durch Sünd, durch Not, er reißet durch die Höll, ich bin stets sein Gesell.“ (EG 112,6) Er wartet darauf, dass ich ihm meine Hände entgegenstrecke und bitte: „So nimm, HERR, meine Hände und führe mich bis an mein selig Ende und ewiglich!“

Pfarrer i.R. Ronald Sporn, Neustadt